Bericht Nr. 022 (29.01.2012): Kalt und heiss

Weihnachten und Neujahr

Die Weihnachtsfeiertage haben Iris und ich zu Hause in Bayern genossen, wenn auch nur fuer eine Woche. Pünktlich am Silvestertag bin ich dann schon wieder nach Shenyang geflogen, um meiner Pflicht nachzukommen. Iris hat den Aufenthalt in Ordnung und Sauberkeit aber genossen und blieb noch bis Mitte Januar. Dann hat aber auch sie das Abenteuer China wieder aufgenommen.

Der erste Bericht des neuen Jahres fuehrt uns in extreme Kaelte und in grosse Hitze, aber Ihr werdet ja sehen...

Im Dezember hatten wir darueber berichtet, dass wir ggf. aus unserer neuen Wohnung wieder ausziehen muessen, da das warme Wasser am 20. Dezember abgestellt werden sollte. Es wurde uns aber dann hoch und heilig versprochen, das wuerde nicht geschehen und selbst die Regierung haette sich in den Streit mit dem Verwalter der Wohnanlage eingeschaltet. Und sollte die Warmwasserversorgung tatsaechlich abgedreht werden, dann wuerden alle Bewohner so rechtzeitig informiert werden, dass sie noch reagieren und z.B. Boiler einbauen koennten. Nun, Ihr koennt Euch ja wohl vorstellen, was passiert ist. Na los, denkt mal nach, wir sind in China! Ja, richtig, die Warmwasserversurgung wurde puenktlich und ohne weitere Vorwarnung am 20. Dezember eingestellt. Unsere Landlady war dann auch gleich ganz eifrig und wollte uns am naechsten Tag Boiler einbauen lassen. Da dann aber auch die, die bisher ihre Wasserrechnung nicht bezahlt hatten (was ja zu dem Streit gefuehrt hatte), kein warmes Wasser mehr hatten, schlagartig am 20. bezahlten, wurde Nachts die Versorgung wieder aufgenommen. Vorerst laeuft das nun also, aber wir werden sehen. Sollte die Diskussion wieder beginnen, werden wir uns um eine technische Loesung kuemmern, bevor wir kalt duschen muessen.

Aber auch in anderen Wohnungen laeuft nicht alles glatt. Und um beim Thema "Kalt und heiss" zu bleiben, hier die Geschichten dreier Kollegen:

1) Fussbodenheizung

Als die Fussbodenheizung meines Kollegen ausfiel, kamen einige "Handwerker" und fragten nach vergeblichen Reparaturversuchen, ob sie Heizkoerper einbauen duerften anstatt der Fussbodenheizung. Nachdem ihm die Wohnung natuerlich nicht gehoert, hat mein Kollege bedenkenlos zugestimmt. Womit er nicht rechnete war, dass er bei seiner Rueckkehr abends keine Tueren (Zimmertueren, Schranktueren,...) mehr oeffnen konnte, denn die "Handwerker" hatten die Leitungen der Heizkoerper aufputz an den Waenden entlang und quer vor den Tueren verlegt! Wenn Ihr jetzt glaubt, es ginge nicht mehr schlimmer, dann lest mal den naechsten Tatsachenbericht...

2) Eiskalt und verschimmelt

In der Doppelhaushaelfte des Kollegen wird es nicht waermer als 13 grd. (also von 18 grd. berichten viele Kollegen, aber 13 ist schon die Kroenung), d.h. er muss ueberall mit Elektroheizkoerpern zuheizen. Der Boden im Zimmer vor den bodentiefen Fenstern ist so kalt, dass man definitiv nicht barfuss laufen kann. Da auch die Fenster Kaelte abstrahlen, hat er sich einen dicken Vorhang machen lassen, um damit zu isolieren. Dafuer hat er jetzt Frost innen an der Fensterscheibe, der dann tagsueber wieder abtaut. Das Wasser laeuft dann natuerlich runter, sodass er unter dem Fenster ueber die gesamte Fensterbreite ein Badetuch liegen hat, das das Wasser auffangen soll. Mit diesem Badetuch konnte er neulich fechten, da es eingefroren war. Das Dachgeschoss ist absolut nicht nutzbar, denn es ist voellig (schwarz) verschimmelt und auf den Waenden rund um die Fenster hat er (innen!) auf ca. 30cm Breite ca. 1,5cm Frost. Welcome to China!

3) Winter in Nanjing

Nanjing liegt im Sueden etwa auf Hoehe von Shanghai. Dennoch hat es im Winter auch einige wenige Grade unter Null. Ueblicherweise hat man in den Haeusern dort aber keine Heizung. So auch in der Wohnung der Eltern eines chin. Kollegen, bei denen es im Winter daher nie waermer als ca. 10 grd. in der Wohnung wird. Und so kalt es in Shenyang im Winter auch sein mag, mein Kollege bevorzugt dennoch Shenyang ggue. Nanjing, denn in seiner Wohnung hat er im Winter zumindest etwa 18grd. Chinesen sind leidensfaehig!

Harbin (13. - 15.01.2012)

Die Stadt wurde 1898 nach der Besetzung der noerdlichen Mandschurei durch Russland als Bahnstation der transmandschurischen Eisenbahn von Russen gegruendet, weswegen das Stadtbild der aelteren Stadtteile noch heute von der russischen Architektur gepraegt ist.

Harbin ist die Hauptstadt der Provinz Heilongjiang im nord-östlichsten Teil Chinas an der russischen Grenze. Während der langen und kalten Wintermonate sinkt die Temperatur häufig auf -30°C und kälter ab und man kann das Eisfestival mit seinen tollen Eisskulpturen bewundern oder im Songhua Fluss schwimmen.

Das Harbin International Ice Festival ist eines der größten der Welt. Zusammen mit Japans Sapporo Snow Festival, Canadas Quebec Winter Carnival und Norwegens Ski Festival gehört es zu den vier größten der Welt. Es beginnt jährlich am 5. Januar und dauert wetterabhängig bis Ende Februar. Zusammen mit einem Kollegen bin ich also am 13. Januar in die ca. 500km entfernte 10-Millionen-Stadt Harbin geflogen, um das Eisfestival zu bewundern.

Wir hatten Glueck, denn die Temperaturen waren ertraeglich, also so etwa -23°C am Morgen und Abends. Den Samstag Vormittag bis zum fruehen Nachmittag haben wir im russisch gepraegten Teil der Innenstadt verbracht. Nachdem wir uns im Hotel nochmal mit einem Capuccino aufgewaermt und noch waermer angezogen haben, waren wir dann am Nachmittag beim Schneefestival, sowie abends beim Eisfestival. Insbes. das Eisfestival mit seinen riesigen und nachts bunt beleuchteten Eisskulpturen hat es uns angetan. Die Skulpturen sind bis zu 250m lang und bis zu ca. 30m hoch, sie bilden praktische eine ganze Stadt aus Eis und sie sind begehbar. Und ob Ihr es glaubt oder nicht, auf dem Eisfestival sprach mich doch glatt eine mir voellig unbekannte Langnase an: "Du bist der Richard, gell? Ich kenne Deine Homepage!" Da fiel mir echt nichts mehr ein!

Harbin war trotz der Eiseskaelte eine Reise wert, wie Ihr in der Mediathek sehen koennt.

Bangkok (21. - 28.01.2012)

Nach der extremen Kälte in Harbin und um dem wochenlangen Lärm des Chinese New Year zu entfliehen (der Hochhausbrand des letzten Jahres hat uns gereicht), hat es uns für eine Woche in die thailaendische Hauptstadt verschlagen. Was fuer ein Kontrast - in Shenyang reisten wir ab bei -20grd. und bei der Ankunft in Bangkok um 23:00 Uhr hatte es +29grd.! Die Woche in Bangkok verbrachten wir im Lebua State Tower Hotel, einem sehr schoenen Hotel mit sagenhafter Aussicht von der Dachterrasse im 64. Stockwerk.

Den ersten Hoehepunkt unserer Reise stellte der Besuch im alten Koenigspalast dar. Auch wenn es sich bei all dem Schmuck und Glitzer um Goldfarbe, Goldplaettchen und Glassteine handeln mag, so ist der Glanz in der Sonne doch unglaublich. Und um ehrlich zu sein, hier ist doch alles sehr viel gepflegter als in China. So toll und riesig die verbotene Stadt in Beijing auch sein mag, aber im Vergleich mit dem alten Koenigspalast in Bangkok fehlt es ihr doch an Pracht und vor Allem an Pflege. Vom vielen Laufen und Schwitzen muede, fuehrte uns dann eine Rundfahrt mit einem Tuk-Tuk zum Wat Intharawihan, einem kleinen Tempel mit seiner 32m hohen Buddhastatue, sowie vorbei am heutigen Koenigspalast.

Den zweiten Tag verbrachten wir am Vormittag auf dem Wasser. Mit einem Langboot fuhren wir durch die Kanaele Bangkoks. Viele kleine Tempel entlang der Kanaele und noch viel mehr kleine und aermliche Huetten bieten Thailand-Idylle wie man sie sich vorstellt. Ob der Bootsfuehrer allerdings bei dem Laerm des riesigen Motors direkt hinter ihm noch etwas hoeren kann, wage ich zu bezweifeln.
Am Nachmittag streiften wir durch den Wat Pho, den groessten und aeltesten Tempel Bangkoks. Die Anlage wurde im 16. Jahrhundert gegruendet und wird heute noch von ca. 300 Moenchen bewohnt. Sehenswert ist u.a. ein 46m langer liegender Buddha.

Einen weiteren Hoehepunkt stellte ein Ausflug in die weitere Umgebung Bangkoks dar...
Damnoen Saduaks schwimmende Maerkte
Mit einem Paddelboot fuhren wir durch die verwinkelten und engen Kanaele Damnoen Saduaks mit seinen schwimmenden Maerkten. Natuerlich ist das Ganze extrem touristisch. Ausser ein paar Booten mit Fruechten ist da wohl nichts dabei, was Einheimische auch kaufen wuerden. Das meiste ist typischer Touristenkram (kleine Schnitzereien, ...). Nichts desto trotz ist es aber natuerlich malerisch und exotisch und passt zur Urlaubsstimmung.

Tigertempel an der burmesischen Grenze
200 Kilometer westlich von Bangkok, in der Provinz Kanchanaburi, in der Nähe der Grenze zu Myanmar, befindet sich das Kloster Wat Pa Luangta Bua. Im Kloster leben asiatische Tiger Seite an Seite mit buddhistischen Moenchen - im Tigertempel. Auf dem Gelaende befindet sich ein kleiner Canyon, in dem man Gelegenheit hat, die z.T. riesigen Tiger zu streicheln. Ich hatte sogar zwei mal einen riesigen Tigerkopf auf dem Schoß liegen - und ich lebe noch. Es mag ja sein, dass die Tiger von Hand aufgezogen wurden und an Menschen gewoehnt sind. Dennoch verhalten sich die Katzen so extrem ruhig, dass man sich dem Eindruck nicht entziehen kann, die Tiere seien medikamentoes ruhig gestellt. Aber wie auch immer, wo sonst hat man schon die Moeglichkeit, diesen herrlichen Tieren einmal so nahe zu kommen.

Bruecke am River Kawai
Wer den Film "Die Brücke am Kwai" gesehen hat, wird vom Original überrascht, vielleicht sogar etwas enttäuscht sein: Statt einer gewaltigen Bambusbrücke spannt sich in Kanchanaburi eine kleine, unscheinbare Eisenkonstruktion über den Fluss Kwai. Das thailändische Städtchen Kanchanaburi, rund 130 Kilometer nordwestlich von Bangkok, wird von Besuchern hauptsächlich wegen seines berühmten Bauwerkes angesteuert. Hier wurden tausende Kriegsgefangene im zweiten Weltkrieg Opfer des Zugstreckenbaus. Insgesamt mehr als Hunderttausend Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene wurden von 1942 bis 1943 von den Japanern gezwungen, eine gut 400 Kilometer lange Eisenbahnverbindung zwischen Thailand und Burma zu bauen, damit der Nachschub an Waffen nicht abriss. Man sagt, jede einzelne Bahnschwelle haette einen Toten gefordert.

Das letzte Highlight der Woche bildete ein Ausflug nach Ayutthaya. Die Stadt wurde um 1350 gegruendet und liegt etwa 75km noerdlich von Bangkok. In den spaeteren Jahrhunderten entwickelte sich ihre Pracht, die man heute im Wesentlichen auf einer Insel am Zusammenfluss von Chao Phraya, Lop Buri und Pasak bewundern kann (als Bayer faellt mir da natuerlich der Vergleich zur Drei-Fluesse-Stadt Passau ein). Bis 1760 war Ayutthaya Koenigsstadt und Metropole Thailands mit sagenhaftem Reichtum und ueber 1700 Tempeln. Ein besonderer Reiz ist die Mischung aus tropischem Flair und den altertümlichen Tempeln und vor allem, dass man hier kaum einen Fleck findet auf dem man nicht auf ca. 700 Jahre alten Fundamenten läuft. Mit der Schifffahrt von Ayutthaya zurueck nach Bangkok auf dem Chao Praya haben wir diese schoene und ereignisreiche Woche ausklingen lassen.

Selbstverstaendlich findet Ihr wieder Fotos unserer kleinen Reise in der Mediathek.